Was wäre, wenn… SCHARF mit einer temporären Plattform am städtischen Rheinufer die geplante Aufenthaltsqualität bereits jetzt hätte erlebbar machen können?

Anfangs 2014 begann der Vorstand von SCHARF eine Möglichkeit zu diskutieren, wie der Bevölkerung eine – auch heute noch – nur schwer vorstellbare Aufenthaltsqualität an der zukünftig aufgewerteten Wasserkannte des städtischen Rheinufers zwischen Strasse und Rhein anschaulich präsentiert und physisch erlebbar gemacht werden könnte. Roland Hofer entwickelte ein reizvolles Vorprojekt einer begehbaren Plattform und ergänzte seine Vorstellung mit einem treffenden Text.
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Die SCHARF-Plattform ist ein Chamäleon:

  • ein Stück Uferweg
  • ein schwimmendes Floss mit langer Sitzbank und Panoramafenster zum Rhein
  • ein Ausstellungspavillion
  • ein Mittagsbrötlipausenort
  • ein Velotouristenverschnaufplatz
  • ein Ort zum Enspannen, Meditieren, Lesen
  • eine Erinnerung an die alten Waschschiffe

Der Besucher spürt die Ruhe und die Kraft dieses Flusses, abgeschirmt und räumlich abgesetzt vom Lärm der Uferstrasse, auf dem Wasser und direkt am Rhein!
Wie in einem Kino mit nur einer langen Bank sitzt der Besucher im dunkel gestrichenen Innenraum, schaut durch diesen riesigen Bilderrahmen auf den grün schimmernden, träge vorbeifliessenden Rhein.
Es riecht nach Fluss, ein sanftes Schaukeln und Plätschern begleitet den Besucher und wenn er die Augen schliesst, beginnt im Kopf die Reise in ferne Länder …
skizzen_alle_bogenSkizzen: ZFA-Lernende Freifach Visualisieren am BBZ Schaffhausen
Der Vorstand von SCHARF klärte in einem Vorprojekt die Konstruktionsmöglichkeiten (Elementbau auf Schwimmkörpern), die Statik und Verankerung am Ufer ab und liess durch die Stadt Schaffhausen eine Gefahrenanalyse erstellen. ZFA-Lernende des Freifachkurses am BBZ visualisierten die Vorstellung in anschaulichen Skizzen.
Die Plattform planten wir 2015 als unser Jubiläumsprojekt (10 Jahre SCHARF). Den Aufwand für eine Umsetzung über das befristete Zeitfenster eines Sommers unterschätzten wir. Die Kosten hätten unsere finanziellen Möglichkeiten bei weiten überschritten. Im Herbst 2015 setzten wir uns in einer Ausstellung für die Vermittlung der städtischen Vorlage „Projekt, Planung Schaffhauser Rheinufer“ ein und mussten erkennen, dass die Planung einer fixen Plattform am Ufer vor dem Rheinschulhaus von Seiten der Verkehrslobby stark bekämpft würde. Zudem wurde die Zielsetzung in diesem Perimeter nicht zuletzt auch durch das Vorziehen des Stegprojekts verwässert. Die im Mitwirkungsprozess ursprünglich geforderte optimierte Zugänglichkeit aus der Stadt an den Rhein ist inzwischen einer sehr pragmatischen ‚Strassenrenovation’ gewichen. (Siehe: 16.-19. September 2015: Ausstellung „Rheinquartier – Vision/Pragmatismus“, Bilderstrecke Ausstellung Rheinufer)
Anfang 2016 beschlossen wir im Vorstand dann, unser Projekt „Plattform“ zu sistieren.
Wir haben Roland Hofer gebeten einen Abschlussbericht zu verfassen. Der Kreis schliesst sich, und es ist nicht schwierig, darin auch ein Plädoyer für die Aufenthaltsqualität auf einer Plattform an diesem Ort zu erkennen. Wer weiss, vielleicht, bietet sich die Möglichkeit zu einer Weichenstellung bei der nächsten Schaffhauser Variantenabstimmung: Steg versus Plattform?
 
Schaffhausen ist nicht Zürich – sagte der Mann auf der Strasse…
Es wäre ja ein temporäres, zeitlich eng begrenztes Projekt gewesen. Deshalb stellte sich natürlich die Frage nach dem optimalen Einsatz der knapp bemessenen Mittel und Ressourcen unseres Vereins.
Das Projekt wäre auch nicht ein reines Kunstprojekt wie der Hafenkran in Zürich gewesen, sondern ein Vehikel zur Erfahrbarkeit und Vermittlung der Qualität eines ”Aufenthaltsortes Rheinufer”.
In Zürich wurde über den Sinn und Zweck des Hafenkrans heftig debattiert. Vielleicht hätte in Schaffhausen die Plattform ein paar Leute mehr als nur „die üblichen Verdächtigen“ dazu bewegt, mitzudiskutieren.
Gerade darum, weil man etwas selber hätte erleben, anfassen, erfahren können.
Ein Stück Rheinufer wie es sein könnte, so ganz anders als diese vom Autoverkehr umtoste Asphaltfläche, spärlich garniert mit zur Karikatur verkommenen Sitzbänken, die wie nicht gewollte Restposten in einem Ausverkaufslokal ihre Daseinsberechtigung suchen. Selten trifft man Leute an diesem Ort, ab und an einen einsamen Fischer, dem der Ort nach kurzer Zeit auch zu unergiebig erscheint und er vertrieben von der unerbittlichen Trostlosigkeit das Weite sucht.
Wäre die Plattform gebaut worden, hätten vielleicht auch die Verantwortlichen der aufgegleisten Neugestaltung des Rheinufers selber erlebt und erfahren – und sich darum auch vorstellen können -, was es an diesem Rheinufer wirklich braucht. Nämlich etwas, das mit der nun vorgesehenen Neugestaltung des Rheinufers schlicht nicht zu erreichen ist. Warum? Weil man vor dem Grundproblem, dem alles erstickenden Verkehr und seinem Lärm, kapituliert hat, beziehungsweise keine passende Antwort weiss.
Die vorhandene Trostlosigkeit lässt sich durch ein paar schön gestaltete Geländer nicht einfach eliminieren. Die Grundhaltung einer beschämenden Mutlosigkeit findet ihren krönenden Ausdruck in der Sanierung einer maroden Betonkragplatte. Alles bleibt beim Alten. Ist das wirklich alles, was Schaffhausen zu bieten hat?
Ein Projekt, das den Begriff „Neugestaltung“ für sich in Anspruch nimmt, muss mehr sein. Das vorliegende Projekt soll man doch ehrlicherweise beim richtigen Namen nennen: eine von Bund und Kanton mitfinanzierte Strassensanierung. Mehr nicht. Wenn man das Grundproblem dieses Unortes negiert, kann man sich doch die paar wenigen gestalterischen Verschönerungsmassnahmen gleich auch noch… wegsparen. Im Parlament liesse sich dafür bestimmt eine Mehrheit finden. Schade um die viele Arbeit, die über die Jahre freiwillig und bezahlt geleistet wurde.
Möglicherweise wäre diese Plattform auch zu einer Arche geworden. Zu einer Arche für Gedanken, Ideen und Visionen. In einer Stadt, in der einer politischen Mehrheit das kulturelle Bewusstsein abgeht, kleinkrämerisches Gedankengut Renaissance feiert und bei öffentlich wichtigen Bauaufgaben sich die Kulturlosigkeit in banalstem Pragmatismus manifestiert.
Gerade darum wäre es vielleicht gut gewesen, diese Plattform doch zu bauen.
Bi4_1Angekommen am Rheinufer!