Protokoll ArchitekturGespräch 1 – 22/23

Thema: Waldquartier Pantli
Zu Gast: Dominic Meister, DOST, Schaffhausen
Moderation: Christian Wäckerlin
Protokoll: Tamino Kuny
Veranstaltungsbilder: Piere Néma

«Wenn ich ans Pantli denke, erinnere ich mich vor allem an gute Feste im alten Trafohäuschen zusammen mit guten Freunden. Die Waldlichtung liegt auf einer Anhöhe und ist ein einzigartiger Raum. Gleichzeitig ist es ein Tolggen im Reinheft der Georg Fischer (GF). Dost* durfte den neuen Eingangspavillon der GF realisieren und dabei habe ich den Immobilienverantwortlichen kennengelernt. Er sagte mir, sie hätten da noch ein Grundstück. Dann haben wir begonnen zu arbeiten und zusammen die ‹Vision Waldstadt› entwickelt. Wir planen 220 Wohnungen für 440 Bewohnerinnen. Dost ist bekannt für eine hohe Prozessqualität, die wir hier über zwölf Jahre hochgehalten haben. Wir arbeiten iterativ und haben dicke Telefonbücher von Präsentationen, die wir stetig aussortieren, um unsere Aussagen zu präzisieren. Dost hat ein cooles Team, das unablässig arbeitet – Szenenapplaus – ich darf Netzwerker sein. Dost ist in Schaffhausen, Luzern, Zürich, Bern, Basel und Berlin vertreten. Wenn das Team wächst, müssen auch die Prozesse mitwachsen. Dabei denken wir auch die Leistungsethik neu. Was uns nicht davon abhält, in neue Bereiche vorzustossen. Beim Waldquartier Pantli treten wir selbst als Investor auf. Die Art und Weise von Dost, die sich vielleicht durch einen gewissen Vorwitz auszeichnet, bleibt dabei gleich.»

– Dominic Meister, DOST
*Herr Dost ist gerade nicht da.


1 Das heutige Pantli – eine Lichtung.



2 Bis in die 60er-Jahre bewirtschafteten 26 Wohneinheiten gemeinsam das Pantli. Die Bewohnerinnen waren Selbstversorger. Die Bewirtschaftung war aus dem Überleben heraus motiviert.



3 In einer Nacht- und Nebelaktion 1976 wurden die ursprünglichen Bauten (1916-1918, weiss) unbewilligt abgerissen. Sie standen leer und man hatte Angst vor der damals aktiven Besetzerszene. In den 90er-Jahren entstand die Idee einer Rehaklinik. Der Quartierplan mit 350 Wohnungen der GF (orange) ist bis heute gültig. Die Vision Waldstadt entstand zusammen mit Dost.



4 Hier sehen wir eine Volumenstudie für das Waldquartier, die aus einem Workshop hervorgegangen ist. Wir nutzen Workshops, um auf die Aufgabe zu reagieren und herauszufinden, was es überhaupt für Themen gibt. Im Vornherein ist nicht bekannt, auf was man sich einlässt – in den dunklen Wald hineinzublicken, kann auch Angst auslösen.



5 In diese Folie muss man hineinzoomen… In Workshops denken wir vor allem an die zukünftigen Bewohnerinnen, damit es ihnen beim Wohnen nicht wild, angst, mysteriös oder unheimlich zumute ist, sondern sie in den Genuss der Qualitäten der Lichtung kommen.



6 Diese Skizze stammt von Stadtplaner Carl Fingerhuth (1936-2021) und ist vor zwölf Jahren bei einem informellen Zusammentreffen entstanden. Wir haben über das Pantli diskutiert. So hat er den Raum dort oben gelesen.



7 Über die letzten zwölf Jahre haben wir auch zig Dörfer studiert. Wir haben realisiert: Was wir bauen, wird gross, so gross wie ein ganzes Dorf. Wir haben uns die Frage gestellt: Wie funktionieren vergleichbare Strukturen?



8 Suspense. Prärie, die in den Waldrand übergeht. Verflechtungen zwischen dem zukünftigen Quartier und dem sogenannten Naturraum (Referenz: Jørn Utzon, Kingo Houses 1956-1958).



9 Nächster Schritt: Wo ist die Prärie und wo sind die Zugangsgassen? Wo ist der Wald und wo sind der Dorfplatz und die Nebenschauplätze? Wie ist das Quartier erschlossen? Dazu kommt ein zweites Baufeld mit eigenen Typologien.



10 Materialien aus der Umgebung. Bisher haben wir das Pantli aus dem Helikopter betrachtet, jetzt sind wir unten.



11 Typologische Prinzipien. Sowohl die Ost-West- als auch die Nord-Süd-Typologien sind zweiseitig. Die Bewohnerinnen sollen selbst entscheiden können, ob sie Sonnen- oder Schattenmenschen sind. Den Gebäuden soll man ausserdem die Bauträger nicht ansehen.



12 Ist es still im Waldquartier? Oder doch eher städtisch?



13 Gemeinschaftsräume. Das alte Trafohäuschen wird zum Quartierhaus umgenutzt, in der Mitte gibt es eine Quartierbeiz. Inzwischen starten bereits die Aktivitäten des Quartiervereins.



14 Ankunft an der Bushaltestelle. Der Bus fährt noch nicht dahin. Welche Nummer es sein wird, ist noch nicht sicher. Eine Y-Haltestelle oder Route, die nach Stetten alterniert. Die Wendeschleife haben wir doch noch auf einen Knickarmbus ausgelegt und das ganze Quartier nochmals um 10-15 Grad gedreht.



15 Zwischenvisualisierungen. 3-5 Geschosse, verspielte Räume anstatt schnurgerade Gassen, Belebung und Natur. Der neugebaute Moment muss der schlechteste sein, ab dann muss es nur noch besser werden.



16 Die fünf (!) Tiefgaragen sind unabhängig von den Gebäuden baubar. Die Baueingabe ist über alle erfolgt, aber je nach Mobilitätskonzept kann auf den Bau verzichtet werden. Wir wollen mit Hochstämmern arbeiten, die auf Tiefgaragen nicht wachsen können.



17 Neutrale Grundrisse. Hier gibt es Wohnräume sowohl im Süden als auch im Norden: zwei Möglichkeiten, in den Aussenraum zu treten. Über die massiven Erwärmungen, die wir heute erleben, haben wir vor zwölf Jahren noch nicht gesprochen.



18 Im gleichen Raster können unterschiedliche Bauträger untergebracht und Zimmer zu und weg geschaltet werden. So bleiben einfache Umplanungen möglich.



19 Anteile der Bauträger an den 200 Wohnungen. Der Wohnungsmix und die typologische Vielfalt sind wichtig. Aber hat dann jeder Bauträger einen eigenen Hauswart? Oder stellt man diesen gemeinsam an? Lagert man die Pflege an Gärtnereien aus? Installiert man gemeinsam jemanden, der oder die anteilsmässig getragen wird? Wie wird der Grundgedanke des Quartiers gepflegt?



20 Das Quartier ist ausgesteckt! Wir warten sehnsuchtsvoll auf die Baubewilligung und sind froh, wenn sie Ende Jahr da ist.


«Wenn ich den Begriff ‹Baukultur› höre, zieht es mich an den Rhein. Letztens bin ich am Rhein entlang spaziert und hatte Freude, als ich auf den neu gebauten Teil der Fischerzunft gestossen bin. Es freut mich, dass Baukultur so möglich ist. Anziehend finde ich auch neue Miteigentümermodelle, bei denen dem Gebauten gemeinsam Sorge getragen wird.»

– Dominic Meister, DOST


Impressionen der Veranstaltung