„Die Füsse in den Rhein strecken“ – Interview mit Lunas Crêpes und Felix Guhl

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Saisonende: „Uustrinkete“ bei Lunas-Crêpes am Lindli

bild2Wären nächstes Jahr gerne wieder hier: Mirjam Zimmermann und Jaël Schüle
„Keine Ahnung, wie viele Crêpes wir verkauft haben diesen Sommer, da müsste ich die Eierrechnungen addieren“, lacht Jaël Schüle. „An den schönen Sonntagen waren es aber sicher jeweils an die 200“. Noch nie habe sie so oft den Wetterbericht konsultiert. Man habe sehr flexibel sein müssen mit Einkaufen, Personal und Öffnungszeiten. Das Fazit an diesem letzten Tag ist trotzdem positiv. Dafür, dass der Sommer ja wirklich nicht gut war, sind die Betreiberinnen von Lunas-Crêpes mit den Finanzen zufrieden. Auch wenn die Investitionen nach nur einer Saison nicht amortisiert sind. Jaël Schüle und Mirjam Zimmermann reichen nun dem Stadtrat ihren Schlussbericht ein. Sie würden sich freuen, nächstes Jahr mit ihrem Crêpes-Gefährt wieder ans Lindli zu kommen. Vorerst aber geht der schöne, aber leider nicht wintertaugliche Oldtimer ins warme Winterquartier.

 

„Die Füsse in den Rhein strecken“

bild3Felix Guhl, Bereichsleiter Stadtgärtnerei…
Dieser letzte, wunderschöne, sonnige Herbsttag bei Lunas-Crêpes war eine gute Gelegenheit, sich bei einem Kaffee mit Felix Guhl, Bereichsleiter Stadtgärtnerei, über die verschiedenen geplanten und bereits durchgeführten Aufwertungen am Lindli zu unterhalten.
SCHARF: Herr Guhl, Sie sind zuständig für die Rheinufer-Aufwertungen entlang dem Lindli. Sind Sie gerne hier?
Felix Guhl: Ja, sehr. Ich spaziere sonntags gerne hier entlang. Die Stadtgärtnerei befasst sich aber nicht nur mit dem Lindli, sondern schon seit langem mit dem ganzen Rheinufer. Ich war bei der gesamten Planung dabei, seit dem Projekt IGA am Bodensee. Wobei ich immer sage, dass es nicht bloss um die Uferkante geht, sondern um die ganze Landschaft beidseits des Flusses. Speziell in Schaffhausen ist übrigens, dass auf dem ganzen Stadtgebiet das Ufer durchgehend öffentlich zugängliche ist, nirgends gibt es unterbrechende Privatgrundstücke.
SCHARF: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit der Stadtplanung, ist man stetig in Kontakt?
Guhl: Das ist so. Aber für jedes Projekt wurde eine Federführung definiert. Ich habe die Hauptverantwortung für das Lindli und das Schauweckergut. Das Lindli ist eine ganz besondere Anlage, fast 2 Kilometer lang, meist sehr schmal, deshalb eingeschränkt in den Nutzungsmöglichkeiten. Beim Mitwirkungsprozess fanden viele Leute, am Lindli müsse man gar nichts machen. Das Lindli ist tatsächlich super, aber der Meinung, dass man nichts machen muss, sind wir nicht. Wir bauen das Lindli nicht um, es geht um Weiterentwicklung und Ergänzung. In den Zeiten, als auch er obere Teil entstand, hatte man ein ganz anderes Freizeitverhalten. Man ging spazieren. Sich in der Badehose zu bewegen war verboten. Mittlerweile wird die Anlage intensiv und anders genutzt. Man spielt, sonnt sich und geht schwimmen. Der Zugang zum Wasser hat eine ganz andere Bedeutung erhalten. Die Uferkante ist durchgehend hart verbaut und hat kleine, schmale Notausstiege, die aber erst über dem Wasser anfangen. Darunter hat man die schrägen Platten, auf denen man ausrutscht. Wir haben das Lindli zuerst analysiert, eine Bestandesaufnahme gemacht und mögliche Massnahmen formuliert, die vom Stadtrat gutgeheissen wurden. Darunter war der Vorschlag, hier, wo wir jetzt sitzen, einen Kiosk oder ein Café einzurichten mit temporärem Charakter, ohne feste Bauten.
SCHARF: Gibt es die Crêperie nächstes Jahr wieder?
Guhl: Man muss die Betreiberinnen fragen. Soviel ich weiss, waren, nach ersten Bedenken der Anwohnerschaft, die Erfahrungen gut.
SCHARF: Weitere Massnahmen am Lindli?
Guhl: Die Massnahmen am Lindli sind unterschiedlicher Art: Sanierungen von Wegflächen wurden bereits gemacht. Die Vegetation wurde „aufgeräumt“, teils gerodet und an anderen Orten wurde neu bepflanzt. Damit sind wir noch beschäftigt. Es gibt Eingriffe, die der Laie vielleicht nicht gleich auf Anhieb bemerkt, die aber in der Gesamtwirkung doch wichtig sind. Und dann gibt es die baulichen Massnahmen. Die ersten sind die Treppenabgänge aus Fertigbetonelementen. Sie ermöglichen, dass man tatsächlich bis zum Kiesgrund ins Wasser kommt, sich aber auch hinsetzen kann. Mit 2 m Breite haben sie eine gewisse Grosszügigkeit.
SCHARF: Will man mit dem vereinfachten Wassereinstieg und der Café-Idee aus dem Lindli einen Badeplatz machen?
Guhl: Nein, es soll keine Badi geben, aber das Baden in den öffentlichen Grünanlagen hat sich über die Jahre ergeben. Viele laufen hinauf und schwimmen runter.
SCHARF: Es gab kritische Stimmen, dass man an einigen Stellen gar nicht sinnvoll an den Weidlingen vorbeikommt. Gibt es Pläne, bei diesen Treppen die Weidlinge zu versetzen?
Guhl: Das sind jetzt zwei Themen. Als wir anfingen, die Treppen zu setzen, hatten wir alle möglichen Telefone. Die einen wünschten einen Einstieg gleich bei ihrem Weidling, andere fanden es einfach nur gut, dass etwas geht. Es gab aber auch das kritische Argument, dass es zwischen Ufermauer und Weidlingen relativ wenige Schwimmer hat.
SCHARF: Es hat hier sozusagen keine Schwimmer…
Guhl: Wo es grosse Abstände zwischen Ufer und Weidlingen hat, kann man sich gut bewegen. Die Treppen sind nur ein erster Schritt. Der nächste wird sein, dass wir auch an den Stellen, wo keine Weidlinge sind und es heute schon Treppen gibt, den Zugang bis ins Wasser ermöglichen. Beim Übergang zum neuen Lindli werden die Stufen bis ums Eck gezogen, damit eine grosszügige Anlage entsteht. An einer anderen Stelle prüfen wir, den Kies hochzuziehen. Es wird auch noch Sitzelemente geben. Ebenfalls aus Beton. Das neue Material ist ein gut sichtbarer, punktueller Eingriff. Ein Problem am Lindli ist übrigens die Hochdruckgasleitung, die jegliche bauliche Tätigkeit einschränkt. Wir müssen für jedes Loch beim Eidgenössischen Rohrleitungsinspektorat eine Bewilligung einholen.
SCHARF: Wie ist es mit der Sicherheit und Haftung, wenn man einen deutlich vereinfachten Wassereinstieg ermöglicht?
Guhl: Ich habe mich intensiv mit dem Thema beschäftigt. Sicherheitsvorkehrungen – z.B. eine Badaufsicht – braucht es, wenn man Eintritt verlangt. Das hier ist aber eine öffentliche Anlage. Der Wassereinstieg ist überall möglich. Hier beim Café wurde allerdings ein Geländer als Abschrankung angebracht.
SCHARF: Die Weidlingsfrage war noch.
Guhl: Genau, die Weidlingsfrage. Die Pfähle sind ja ein Thema für sich, eine sehr begehrte Angelegenheit. Einige Pfähle aufzuheben und dafür eine dritte Reihe zu machen, ist nicht durchführbar. Der Mittlere käme nicht mehr weg, wenn alle da sind. Möglich, aber aufwendig und kompliziert wäre, jeweils versetzt einen Weidling aussen anzupflocken. Lösungen mit Stegen sind auch nicht gangbar wegen der Treidelpfade. Aber es gibt ja auch Einstiege, die nicht blockiert sind.
SCHARF: Man hört ziemlich gut den Autolärm, gibt es hier noch Hecken?
Guhl: An verschiedenen Orten gibt es die bereits, und im oberen Teil werden wir zusätzliche pflanzen. Leider kann man hier beim Café nicht mit Bepflanzung reagieren wegen des Wurzelwerks der Bäume. Weiter unten bei den Linden ist es auch schwierig, weil zu schattig. Ein angedachter Lamellenschutz ist sehr teuer.
SCHARF: Was kostet die Aufwertung des Lindli?
Guhl: 750 000 haben wir zur Verfügung. Die ersten Massnahmen sind um die 300 000. Im Bereich der Trotte, wo das Lindli aussergewöhnlich bereit ist, überlegen wir uns – in Absprache mit dem für den Unterhalt zuständigen Kraftwerk -, einen ganzen Bereich umzugestalten. Dies im Gegensatz zu den punktuellen Eingriffen. Auch dieses Projekt sollte im Gesamtkredit noch Platz haben.
SCHARF: Wann ist es fertig?
Guhl: Ich würde schätzen, 2016/17.
SCHARF: Gibt es ein Einweihungsfest?
Guhl: Das habe ich mir noch gar nicht überlegt.
SCHARF: Herzlichen Dank für dieses Gespräch.
bild4…befolgt den Ratschlag der Kampagne und streckt die Füsse in den Rhein.
 
 

„Wie machen’s die andern?“

 
Vichy ist eine französische Stadt mit rund 25‘000 Einwohnern in der Region Auvergne im Département Allier. Die Stadt liegt am Ufer des Flusses Allier, dort, wo der Nebenflusses Sichon einmündet. Die Stadt gilt als das bedeutendste Heilbad in Frankreich. Heute wird der Ort von jährlich ca. 30’000 Gästen besucht. Vichy hat in den vergangenen Jahren – ähnlich wie Schaffhausen – in einen Prozess zur Aufwertung der Uferpromenade investiert.
Am 28. Juni 2014 fand die offizielle Eröffnung von „La nouvelle promenade ‚Parcs et Plages’ de Vichy“ statt. Die neu ausgebildete Uferkante bietet der Bevölkerung diverse Verweilorte mit hoher Aufenthaltsqualität direkt am Wasser. Pavillon-Bauten bieten über die Sommermonate Verpflegung und Getränke an und Plattformen unter alten Bäumen sind beliebte Orte, um vom Schatten in die sonnige Flusslandschaft zu blicken.
Beispielshafte Lösungen, die wir vielleicht auch bald in Schaffhausen antreffen?
 
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Mehr Informationen:

L’Allier au coeur de Vichy
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