«Federleicht» über dem Graben

Schaffhausens historische Festung erhält eine neue Brücke über den hangseitigen Graben. Zu Beginn ihrer letzten Nacht in der Halle der Pletscher Metallbau AG in Beringen (SH) durften Mitglieder des Schaffhauser Architektur Forums SCHARF einen Augenschein nehmen. Die Stadt darf sich freuen.

Text: Manuel Pestalozzi*
Bilder: Pierre Néma
Bilder Transport: Pletscher Metallbau AG

Reto Wetter (rechts), Geschäftsführer Pletscher Metallbau AG, erläutert den SCHARF-Mitgliedern die Eigenschaften der 24,5 Meter langen Munotbrücke.

Anfang September dieses Jahres konnte die Stadt Schaffhausen der Öffentlichkeit mitteilen, dass die Brücke über den Graben zum Munot ersetzt wird. Die neue Brücke werde gemäss dem siegreichen Wettbewerbsprojekt «Federleicht» des Entwurfsteams co-struct AG, StudioSer Architects (Wettbewerbsentwurf; weiterbearbeitet durch OFREIA GmbH) und Lightsphere GmbH erstellt. Es handelt sich um eine Stahlkonstruktion, die von co-struct AG wie folgt beschrieben wird: In die Handläufe sind zwei schlanke Druckbögen integriert, die mit den seitlichen Fahrbahnträgern verbunden sind und die horizontalen Kräfte der Bögen aufnehmen. Die Stahlbleche der seitlichen, vertikal ausgebildeten Geländer tragen nicht nur den Handlauf, sondern stabilisieren die Bögen gleichzeitig in Querrichtung, um ein Ausknicken zu verhindern. Die Oberkante der Fahrbahnplatte sowie die Endpfosten der Geländer versteifen die Konstruktion zusätzlich gegen ungleichmässig verteilte Nutzlasten.

Die Ausführung dieser Konstruktion erfolgte bei der Pletscher Metallbau AG in der frisch bezogenen Halle im Bömmliacker in Beringen, am Eingang zum Klettgau. Bei diesem ausgedehnten Stahlbau, das Unternehmen teilt ihn mit einem Distributionszentrum der Post, konnte Pletscher ebenfalls Hand anlegen. «Wir durften den Stahlbau für das gesamte Logistik- und Gewerbezentrum ausführen. Zudem haben wir unseren Mieterausbau selbst geplant», verriet Geschäftsführer Reto Wetter seinen Gästen vom SCHARF. Er begrüsste sie mit einer kurzen Präsentation der vielbeschäftigten Firma, die in der ganzen Schweiz tätig ist. Neben dem Stahlbau ist diese auch auf Metall- und Glasbau spezialisiert. Vor der Besichtigungstour durch die Halle fand sich Gelegenheit zu einer kurzen, doch angeregten Diskussion über den Wandel in der Zusammenarbeit zwischen Planenden und Ausführenden. Reto Wetter setzt grosse Hoffnungen auf die digitale Zusammenarbeit mittels BIM (Building Information Modelling). Nach seiner Erfahrung ermöglicht dies eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten in frühen Planungsphasen. Die präzise Erfassung sämtlicher Bauteile im digitalen Zwilling erleichtere auch eine mögliche spätere Wiederverwendung.

In der Halle sprühten noch Funken von der Brückenkonstruktion. Ein kleines Team gaben ihr jenseits des allgemeinen Feierabends wortwörtlich den letzten Schliff. Die Zeit drängte, da die Brücke am Folgetag von der Halle Abschied nahm. Gleichzeitig verliess sie auch den Kanton, mit dem Ziel Marty Korrosionsschutz AG in Jona (SG). «Dort wird die Brücke mit einer Lackschicht versehen, ausserdem erhält sie den Gehbelag aus Hartbeton», erklärte Stephan Krause, der Leiter des technischen Büros. Das Gewicht von «Federleicht» bezifferte Reto Wetter auf 24 Tonnen. Die Gäste durften die Brücke in ihrem «Rohzustand» bereits mal überqueren und sich davon überzeugen, dass sie eine gute Übersicht auf die Umgebung gewähren wird. Auf jeder Seite lassen sich je fünf Fahnenstangen befestigen, unter den Halterungen wurden wenige Zentimeter über dem Boden Kästen für die Beleuchtung angeschweisst.

Der weitere Rundgang durch die Halle gab einen Einblick in die Produktionsmethoden des Unternehmens, welche Effizienz mit gekonntem Handwerk verbindet. So lassen sich die Unikate, die hier angefertigt werden, wirtschaftlich und mit der geforderten Qualität erzeugen. Der Aufenthalt der Brücke ausserhalb des Kantons ist übrigens beschränkt und hat ein präzises Ende: Am Dienstag, 16. Dezember 2025, um 14.00 Uhr wird der neue Übergang zwischen Munot und Wall abgesetzt.

* Manuel Pestalozzi, dipl. Arch. ETHZ und Journalist BR SFJ, betreibt die Einzelfirma Bau-Auslese Manuel Pestalozzi