Schaffhauser Gebäude im Abriss-Diskurs

Eine Momentaufnahme

Durch die öffentliche Wahrnehmung beinahe unbemerkt, pflegen die Entscheidungsträger von Stadt und Kanton Schaffhausen die stetige Nutzungsabwägungen zu strategisch wichtigen Grundstücken und Gebäuden.
Die Europaweit hochaktuelle Fragen, wie die Transformation aus dem gebauten Bestand in in eine zukünftige Zeit – unter dem Aspekt der ebenso aktuell diskutierten ressourcenschonenden Kreislaufwirtschaft – gelöst werden könnte, ist auch in Schaffhausen ein Dauerthema.

Die Einschätzungen und Abwägungen der verantwortlichen Fachpersonen, ob sich ein bestehendes Gebäude für eine Transformation eignet, beginnt mit der Erkenntnis, dass ein bestehendes Gebäude so lange wie möglich in seiner ursprünglichen Nutzung erhalten wird und durch einen regelmässigen Unterhalt gepflegt und im Schuss gehalten werden kann. Das Weiternutzen im Bestand ist die günstigste und ressourcenschonenste Lösung.

Auf der anderen Seite der Abwägung für den Umgang mit bestehenden und neuen Bauvolumen stehen wirtschaftliche und gewinnbringende Überlegungen. Die, dass ein Gebäude auf Vorrat abgerissen werden kann, um vorsorglich Platz für eine zukunftsfähige neue Bebauung zu schaffen. Diese Methode vernichtet verbautes Material und Ressoucen und ist in der Endabrechnung die teuerste und aufwendigste Lösung.

Dazwischen stehen heute eine grosse Anzahl von alternativen Möglichkeiten zur Verfügung, um vorhanden Bauvolumen über unterschiedlichste Betrachtungstiefen nicht mehr einfach zu vernichten, sondern über die Methoden der Kreislaufwirtschaft zu transformieren.
„reduce (Reduktion) / reuse (Wiederverwendung) / recycle (Wiederverwertung) / refuse (Verzicht)” Die folgende Auslegeordnung von Schaffhauser Gebäuden im Fokus ihrer Transformation haben wir für die SCHARF-Veranstaltung in der Zusammenarbeit mit ZAS* „Alternativen zum Abriss – weiternutzen und weiterbauen“ erarbeitet und ist eine Momentaufnahme von Pierre Néma.

Es freut uns, wenn Sie mit uns an einer sinnstiftenden Kreislaufwirtschaft mitdenken und bereit sind, sich stetig neu zu orientieren, denn diese Thematik ist aktuell, in einer permanenten Veränderung und wir mitten drin.

Pflegezentrum Geissberg

Der bauliche Zustand des leerstehenden Gebäudes wurde, durch den in den Medien befeuerten Diskurs, oft sehr kontrovers und falsch vermittelt. Die Begrifflichkeiten „abbruchreif“, „marode“, „desolat“, „Bruchbude“ usw. beziehen sich in solch polarisierenden Diskussionen oft auf die früher üblichen und heute überholten Methoden der Gebäudedämmung (Asbest), die heute richtigerweise als problematisch erkannt sind, aber durch ein Abbruch-Unternehmen ordnungsgemäss abgebaut und entsorgt werden können. In der Kritik steht auch die Infrastruktur der Haustechnik, die durch den bei Leerstand nicht mehr geleisteten Unterhalt aus der Zeit gefallen ist. Zusammengefasst bezeichnet man diese Aspekte eines Gebäudes als „Software“, die aber als solche noch keinen plausiblen Grund zum Abbruch liefern müssen. Bei einer zukünftigen Transformation wird diese „Software“ aber selbstverständlich ersetzt und neu konzipiert.

Die damals verbaute Grundsubstanz und die architektonische Qualität der Bauvolumen mit ihrer Materialität, sowie die Raumabfolgen bis hin zu den Haupt- und Nebenräume, sind original. Diesen Aspekt eines Gebäudes nennt man in der Fachsprache die „Hardware“ und könnte als Basis für eine Weiternutzung grundsätzlich erhalten und je nach Neunutzung ergänzt werden. So lange diese „Hardware“ keine gravierende Mängel aufweist, wird bei einem Abriss auf Vorrat wertvolles und noch weiter verwendbares Bauvolumen mit allen verbundenen Resourcen und dem gebundenen CO2 vernichtet.

Klicken Sie sich folgend nochmals durch die – einmal als vorbildlich umgesetzte – Architektur-Qualität des ehemaligen Pflegezentrum auf dem Geissberg. Die durch SCHARF erfassten Bilder der Innenräume dokumentieren die hervorragende Baukultur der 1960er Jahre, die real nun leider bald der Vergangenheit angehören wird.

Die Drohnenaufnahmen von Robin Kohler zeigen das in die Landschaft eingebettete und an der Grenze zwischen Stadt- und Naturraum stehende Pflegezentrum kurz vor Abriss 2023.

Weiterführende Literatur zum Thema Abriss und Kreislaufwirtschaft finden Sie in unserer Bibliothek unter Nachhaltigkeit oder via folgende Artikel:

→ Der sch-ar-f Bericht «Die Enkelfähigkeit des zirkulären Bauens» über die Umsetzung der Kreislauffähigkeit in der Praxis.
→ Der sch-ar-f Bericht «Re-Use-Hub» im Güterbahnhof Schaffhausen mit diversen Studentenarbeiten über eine mögliche Umnutzung der 400 Meter langen Güterhalle.
«Abbruch oder Aufbruch?» Ein Hochparterre-Artikel über den Umgang mit in die Jahre gekommenen Spitalbauten.